Galerie Eva Tent - 2004

Ute Krautkremers Papierflieger der besonderen Art

Die in Koblenz geborene Künstlerin stellt ihre Arbeiten in der Galerie Tent aus - Neues Material entdeckt - Mut zum Risiko

KOBLENZ. Zunächst arbeitete sie mit dem Material, dem sie auch während ihres Studiums in Mainz besondere Aufmerksamkeit gewidmet hatte: mit Ton. Sie schuf mit und aus ihm Formen, die immer wieder an Helme oder zinnengekrönte Burgen denken ließen. Geschlossen waren sie, trotz aller Ansätze zu Auf- und Durchbruch. Vielleicht war es eben dieses Bemühen um dieses Aufbrechen der Form, das die 1958 in Koblenz geborene Ute Krautkremer zu einem Material brachte, das dies erheblich erleichtert - zum Papier. Aus ihm sind auch die neuen Arbeiten der Künstlerin in der Galerie Tent in Koblenz. Mit Papier lassen sich die "Hüllen" der ihrerseits schon hohl aufgebauten keramischen Körper noch dünner, leichter gestalten,so sehr, dass etliche der neuen Objekte der in Spay lebenden Künstlerin gar von Boden oder Wand abheben und den freien Flug in den Raum hinein antreten können. Formen, die irgendwo zwischen Vogel, Pflanze oder Skelett angesiedelt sind, "Papierflieger", denen die zurückhaltende Farbgebung der auch haptisch interessanten Oberfläche etwas Archaisches, Rätselhaftes verleiht.

Selbst wenn am Anfang immer noch der Ton steht (als Material des "Urbildes"), von dem eine Vervielfältigung erlaubende Gummiform abgenommen wird, in die dann die Papierlagen, teilweise mit Kunstharz zusammengebracht und eingebracht werden: Raum wird von und in diesen Objekten nicht mehr länger aus- und umschlossen, Außen und Innen können sich vielmehr ungehindert durchdringen, miteinander in Beziehung treten. So wie es auch die durch Auffaltung und Aufbrechen gewonnene, vergrößerte Fläche und Plastisches tun. Ähnliches gilt für die mit Positiv-Negativ-Wirkungen, mit modulähnlichen Elementen spielenden Reliefs, in denen die Künstlerin diese Fläche geradezu malerisch nutzt.Hier ist die Verwandtschaft mit den früheren Arbeiten noch am unmittelbarsten zu spüren. Am weitesten von ihnen entfernt ist eine Reihe von Zeichnerisches und Räumliches verbindenden Wandobjekten. Papierlagen, über einen Rahmen geformt, bilden die Basis für reizvoll mit der Linie spielenden Arbeiten, real existierend als plastisches Drahtgebilde beziehungsweise gezeichnete Kontur oder nur als Schattenwurf. Wenn die Künstlerin erklärt, ihr gehe es zunehmend darum, Fläche und plastische Form so miteinander zu verbinden, dass die Assoziation zu bereits Vorhandenem entstehe, dabei aber gleichzeitig auch zu irritieren, gelingt ihr das Letztere mit diesen Arbeiten besonders gut. Sie verraten Mut zum Risiko, auf der Suche nach neuen Wegen von der eigenen künstlerischen Handschrift auch mal völlig abzuweichen.

RZ-Online Artikelarchiv vom 26.11.2004 (Dr.Lieselotte Sauer-Kaulbach)