Lineare Gebilde zwischen Chaos und Ordnung
Galerie Eva Tent stellt mit „Zeitspuren“ neue Arbeiten von Ute Krautkremer aus
Koblenz. Vorhersehbar war der Weg, den sie nun eingeschlagen hat, eigentlich schon seit Langem: Aus der Keramikerin, als die Ute Krautkremer ihre Laufbahn begann, ist nun eine Malerin mit ausgeprägtem Hang zum Plastischen geworden. Diese Entwicklung zeichnete sich schon früh in der malerischen Gestaltung der „Haut“ ihrer tönernen Objekte ab und erreicht in den mit dem Titel „Zeitspuren“ überschriebenen Arbeiten, die jetzt die Galerie Tent zeigt, einen vorläufigen Höhepunkt.
Auf diesen Höhepunkt hat die 1958 in Koblenz geborene Künstlerin, die in Mainz studiert hat und heute in Spay lebt, seit etlichen Jahren konsequent zugesteuert. Das gilt auch für das Material und die Technik ihrer Malerei und Objekt verbindenden Bilder, die letztlich nichts anderes sind als Reliefs aus vielen Schichten schweren, handgeschöpften Himalaya-Papiers.
In diese Schichten, die sie schon für ihre Papierabgüsse beispielsweise von Ornamenten und Kirchenbänken nutzte, arbeitet Krautkremer immer wieder hinein oder lässt hineinarbeiten. Auf- und eingelegte Drähte zum Beispiel, Drahtgeflechte, die rostend auf und in ihnen ihre Abdrücke hinterlassen, rötlich braune Spuren, die gezielt noch vertieft, bis in die als Unterkonstruktion dienende Holzplatte eingegraben werden.
Das verletzt und schafft gleichzeitig, es verletzt die in zurückhaltenden hellen Farbtönen gehaltene Oberfläche der Bilder und sorgt dafür, dass auf ihr zeichnerische, beinahe informelle Kompositionen entstehen, lineare Gebilde zwischen Chaos und Ordnung, Absicht und Zufall. Deren Dynamik, die an den Schwung, an die Spannung vom Wind bewegter Gräser erinnert, stellt Ute Krautkremer beruhigend, ausgleichend immer wieder fast monochromen Farbflächen entgegen, auch sie in ihrer Farbigkeit der Natur entlehnt, ein gebrochenes Grün, ein warmes Umbra, ein steinernes Grau.
Farben, die ihrerseits diese Bilder mit den früheren keramischen Objekten verbinden, genauso wie einige leitmotivische Elemente, etwa die leiterähnlichen Strukturen oder die mehr oder minder stark geöffneten oder gebogenen Portalen gleichenden Formen, die sie vor etlicher Zeit auch aus Papier formte und gar im Raum schweben ließ.
Wie gesagt: Abzusehen war das alles schon – trotzdem wird die Begegnung mit den Bildobjekten der neuen - alten Ute Krautkremer vielleicht für den ein oder anderen überraschend ausfallen.
RZ, Dr. L. Sauer-Kaulbach, Koblenz und Region vom Dienstag, 23. November 2010