Galerie Werkstatt

Galerie Werkstatt Gelsenkirchen-Buer Okt 1992

Recklinghauser Zeitung v. 23.10.1992
(Feuilleton Leane Schäfer)

............... Die Arbeiten der in Mainz lebenden Künstlerin Ute Krautkremer sind jetzt erstmals im Ruhrgebiet zu sehen. Rund 30 Werke, keramische Plastiken und Zeichnungen, zeigt sie auf Einladung der Gelsenkirchener Künstlergruppe "Werkstatt" in deren Ateliersräumen.

Erstaunlich reif ist das zu sehende Oeuvre. Aus jeder Werkphase sind zwar nur wenige Exponate vertreten, aber sie verdeutlichen beispielhaft den Werdegang der Künstlerin. Im Mittelpunkt des künstlerischen Interesses steht die menschliche Figur. Auf der einen Seite reduziert sie die Plastizität zur Stelenform (- Liegende, Boote -.)
Andererseits interessiert sie das Moment des individuellen Ausdruckes, so daß der Kopf zentrales Motiv wird, wie in den Königs- oder Wächterfiguren.

Dabei bewegt sie sich stets in dem Spannungsfeld zwischen Realismus und Abstraktion, zwischen Abbild und Verfremdung. Der Arbeitsprozess des Bauens, des Modellierens, des Schneidens, Glasierens und Brennens spielt für sie eine entscheidende Rolle, denn häufig findet sie erst im bildnerischen Prozeß zur endgültigen Formulierung. Zuweilen setzt auch das Material die Grenzen der Machbarkeit fest, so daß erst über die Auseinandersetzung mit dem Werkstoff ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird. Die subtile Oberflächenbehandlung der Plastiken mit Farbe und Zeichnung weist U.K. nicht nur als exzellente Bildhauerin und Keramikerin aus, sondern auch als hervorragende Zeichnerin.

 

Ruhrnachrichten v. 23.9.1992 (D)

Könige aus Keramik

Keine der üblichen Tonarbeiten präsentiert die Mainzer Keramikerin Ute Krautkremer in einer sehenswerten Ausstellung in der "Werkstatt" an der Hagenstraße. Sie zeigt vielmehr keramische Plastiken, die ganz und gar ihrer eigenständigen künstlerischen Phantasie entsprungen sind. Es handelt sich um Torsi, abstrahierte Königsgestalten (wer denkt da nicht an G.Tollmann) und Boote die die Wand hinaufragen.
................Ästhetische und mystische Vorstellungen spielen zusammen. Die Torsi sind flach und bei geringer plastischer Ausarbeitung der Gesichter ganz auf den Umriß konzipiert. Auch sind sie bemalt und besitzen somit eine bildnerische Struktur. Die Boote hingegen wirken wie Kultgegenstände, eine Wirkung, die durch Einblicke in das tief blaugefärbte Innere verstärkt wird.
Und die Könige? Auch sie scheinen eine Erinnerung an früher, sind aber, ebenso wie ein zur Stele gelangtes Springerpaar, die Bewältigung eines bildhauerischen Problems: weitgehende Reduzierung der Figur mit einem nicht einfach zu handhabenden Werkstoff.
.............Zur Ausstellung, eine der schönsten bislang an diesem Ort gehören auch Pastell- und Bleistiftzeichnungen, parallel zu den Plastiken entstanden auch Kalenderblätter.
Eine kleine Serie koboldartiger Gestalten trägt den Titel "Könige und Teufel", und so sehen sie auch aus.

 

Körper schwinden zu Schemen (al)

Mit der 34-jährigen Künstlerin Ute Krautkremer ist der "Werkstatt" wieder einmal eine überraschende Entdeckung gelungen.Die Mainzer Künstlerin verknüpft in einer faszinierenden Symbiose Malerei und Skulptur.Trotz kontinuierlicher Ausstellungstätigkeit seit 8 Jahren ist dies ihre erste Werkschau im Ruhrgebiet.
U.K. hat sich für ein Material entschieden, bei dem die gesuchte Gestalt, anders als bei Stein oder Holz, nicht freigelegt, sondern in höchster Freiheit von dessen Begrenzungen von Grund an aufgebaut wird.Sie wählte Ton, den sie zu keramischen Plastiken verarbeitet.Das geschieht wie bei einer technischen Konstruktion.Die Künstlerin reizt das Extrem. Sie prüft die Tragfähigkeit des Materials bis an die Grenze des Zerberstens.
Den so ins Massige sich steigernden Arbeitsprozess bremst auf paradoxe Weise eine gegenläufige Intention. In einem Prozess fortschreitender Abstraktion verflüchtigen sich U.K's Gestalten ins Schemenhafte.Neben schlanken Stelen von schwindender Körperlichkeit und Torsi, die den Reiz des fragmentarischen auskosten, gibt es Büsten, die wie Schattenrisse wirken. Nie wird freilich das Körperhafte völlig zugunsten des Flächigen aufgegeben. Noch im Moment der Auflösung behaupten sich die Arbeiten durch sanfte Wölbungen als Skulpturen.
........So fesseln U.K's Figuren nicht allein durch die Fülle von Assoziationen, sondern auch durch eine ungemein lebendige Gestalt.